„Wir sind jetzt 550 000.“ titelte das Lokalblatt jüngst. Und was jetzt? Zwischen stolz geschwellter Brust und enger Schnappatmung ist mensch Teil dieser Stadt. Egal wo man hinschaut, der Hype bringt Bewegung. Selbst die letzte Wohnung wird saniert, Galerien werden zu Hotelfoyers, Brachen zugebaut – vorzugsweise monoton, funktional und so schnell und ertragreich wie möglich. Bunter, heterogener und ideeller Reichtum verwandelt sich in die Ware „urban lifestyle“. Wo einst Freiraum blühte, tragen jetzt Spekulationsgeschäfte ihre Früchte. So schön wie ein Baum mit all seinen Verzweigungen ist diese Stadt gewachsen – genau wie der Dichter es beschrieb. Doch ein solcher Baum braucht eine freie Form der Entfaltung, um atmen zu können und dem Licht entgegen zu streben!
Wer wo und wie leben darf, wird seit Jahren zunehmend zu einer Frage des Kontostands. Die Entwicklung ist nicht neu und Leipzig keine Insel der Glückseligen. Doch immer Besorgnis erregender sind die Auswirkungen zu spüren: Entmietungen im Süden, Wächterhäuser zu Luxusapartments, in Schleußig das letzte unsanierte Haus.. Die Karawane zieht vom Süden in den Westen, vom Westen in den Osten – doch wo wird das Viertel sein, wo die Leute wohnen bleiben dürfen, ohne dass sich ihr eigener Lebensstil und kreative Schaffenskraft am Ende gegen sie richtet?
Eine Stadt wie Leipzig lebt von der Lebendigkeit, von der Durchmischung und der kulturellen Vielfalt in ihren Straßen. Doch wo die letzte Künstlerin, der letzte Zufluchtsuchende und die letzte junge Familie verdrängt werden, wo bleibt da die Lebendigkeit? Wenn alles steril saniert wurde und bauklotzartig zusammengewürfelte Stadthäuser das Bild bestimmen, wo bleibt da die Durchmischung? Wenn Kunstschaffende sich die Miete ihres Ateliers nicht mehr leisten können, wo bleibt da die kulturelle Vielfalt? Am Ende bleibt von dieser lebenden Stadt nichts als gähnende Langeweile. Und genau die droht, wenn Kulturschaffende zu Gunsten von Luxussanierungen verdrängt werden.
Wollen wir es dazu kommen lassen? Wir sagen laut und deutlich: “Nein!” Statt Luxussanierungen fordern wir, dass sich Leipzig weiterhin den Luxus des Unperfekten leistet! Wo kulturelle Freiräume aufgeblüht sind, müssen sie geschützt werden und dürfen nicht als Werteinheit für Spekulationen dienen! Wir möchten, dass in jedem Stadtteil genug bezahlbarer Wohnraum für alle Menschen bleibt und auch Geflüchtete überall willkommen sind! Wir möchten nicht nur absichern, was vorhanden ist. Räume sollen weiterhin mit Phantasie gestaltet werden und nicht mit Geld. Wir wollen das Möglichkeiten erhalten werden, diese Stadt gemeinsam und freier zu gestalten, statt sie einigen wenigen Akteuren zu überlassen.
Darum gehen wir am 11. Juli 2015 unter dem Motto „Stadt statt Profit!“ auf die Straße. Wir bitten euch alle, egal ob Kulturschaffende oder Partyvolk, uns dabei zu unterstützen. Seid dabei, bringt euch ein und macht mit! Tanzt mit der GSO 2015 durch Leipzig und bringt euch davor und danach in Debatten zur Entwicklung Leipzigs ein! Denn es ist unsere Stadt, unsere Kultur und unsere Stimme!