So heterogen wie die Menschen auf der Welt, so verschieden sind auch ihre musikalischen Spielarten. Dass sich die musikalische Szene in Leipzig dabei im Kleinen wiederfindet, ist bekannt. Für eine Stadt dieser Größe ist sogar recht viel davon abgedeckt und in den Clubs, Wäldern und Konzerthallen zu erleben. Jugend- und Trend-Magazine stürzen sich auf das Leipziger Nachtleben und deren Akteure. Sie wollen die eng verknüpfte und teilweise undurchlässige Szene teils informierend, teils gewinnbringend nach außen tragen.
Zu häufig wird „die Szene“ dabei falsch dargestellt, zu viele ihrer Facetten ausgeblendet. Im Ganzen betrachtet ist sie zu vielschichtig, zu divers und zu unüberschaubar, um sie überhaupt als solche zu vereinheitlichen. Für uns ist sie in erster Linie: frei, unkommerziell und solidarisch.
Die Global Space Odyssey versteht sich als Plattform für viele, lange aber nicht alle Interessierte dieser Kultur, derart, dass sie neben der jährlichen Demo auch Ansprechpartnerin für verschiedene Projekte ist und Initiativen unterstützt.
Oft wird der GSO nachgesagt, sie sei nur ein Abklatsch der Love-Parade, eine Hanf- und Spaßparade. Das ist so falsch, wie auch wahr. Natürlich will die GSO mit lauter Musik und Bass Aufmerksamkeit schaffen. Aber es ist eben genau das, ein Mittel zum Zweck. Und mal ganz ehrlich, um Dinge zu bewegen, braucht es Energie. Wie sollte die sich besser nach außen transportieren lassen als mit tanzenden Beinen. Und natürlich war einmal das Thema Legalisierung von Hanf an der Tagesordnung. Wer die GSO darauf beschränkt, hat nicht mitbekommen, was wir in den letzten Jahren getan haben. Er übersieht auch, dass hier eine Entwicklung stattgefunden hat. Sind wir immer noch für die Legalisierung? Ja klar, gute Gründe gibt es genug. In Zeiten von stetig ansteigendem Rassismus und einer steigenden rechtspopulistischen Tendenz in Europa, wie vor allem auch in Sachsen, drängen sich uns aber andere, akutere gesellschaftliche Fragen auf.
Wo wir beim Thema wären. Es geht bei der kulturpolitischen Demo darum, diejenige Kultur, welche über die Stadt- und Kontinentalgrenzen hinaus als Subkultur bekannt ist, zu erhalten. Dabei hat sich innerhalb der GSO in den letzten Jahren einiges bewegt und wie in so vielen heterogenen, frei organisierten Initiativen jung-gebliebener Menschen einiges verändert.
Die Dynamik, die Leipzig ergriffen hat, erfährt auch die Gruppe und deren Ausrichtung: stets mit einem kritischen und solidarischen Verständnis vom Mensch-Sein wurden gesellschaftliche Missstände im lokalen Rahmen aufgegriffen: Für den Erhalt von Kultur und der freien Szene; gegen Schließungen von Clubs und Image-Profilierung über die freie Szene seitens der Stadt; für ein transparentes und zeitgemäßes Freiflächenkonzept auf Leipzigs Wiesenflächen; gegen die Gema-Vermutung; gegen den Ausverkauf der Stadt und für bezahlbaren Wohnraum; für eine offene solidarische Gesellschaft mit allen Geflüchteten; für eine ehrliche Willkommenskultur, innerhalb derer auch und gerade die eigenen Wohlstands-Interessen hinterfragt und hinten angestellt werden; für ein friedliebendes Zusammenleben fernab von rassistischen oder anderen diskriminierenden Lebenseinstellungen… .
Es geht darum, die Stadt lebendig zu gestalten. Hierzu braucht es Mittel und Möglichkeiten. Das Freiflächenkonzept, das wir für den Erhalt der geliebten „Open-Airs“ in Leipzig angestrebt haben, wird mittlerweile in Halle erfolgreich umgesetzt und ist sehr positiv angenommen worden. In Leipzig flackert diese Idee immer mal wieder auf. Auf verschiedenen Ebenen haben wir für ihre Umsetzung geworben und dafür auch Zuspruch erhalten. Von der Stadt aber wurde sie immer wieder unter den Tisch gekehrt. Womit die Stadt auf der einen Seite so gern wirbt, weiß Sie auf anderer Seite so gut zu blockieren.
Und das ist was uns antreibt, wieso wir uns jedes Jahr nach der GSO bereits wieder hinsetzen und uns mit dem nächsten Jahr beschäftigen. Was uns als heterogene Gruppierung antreibt weiter zu machen, ist genau der Wunsch gemeinsam zu demonstrieren für eine Welt die offen ist. Wir wollen mit euch den Alltagsschleier, der sich allzu schnell in unser Leben einschleicht abtanzen. Wir wollen uns gemeinsam wachrütteln aus der Lethargie, die der gleichbleibende Rhythmus des Lebens uns manchmal beschert. Wir wollen laut sein mit euch.
Aber was bedeutet das im Konkreten. Wir wollen zusammen Musik machen, tanzen und kreativ sein. So einfach sich diese Worte hier tippen, so schwierig ist es manchmal dieses Bedürfnis umzusetzen. Wir wollen euch auffordern, euch frohen Mutes auszuleben, aber dabei auch die Grenzen anderer zu respektieren. Kein Blick auf die Welt gleicht einem anderen. Öffnet eure Augen über euren eigenen Tellerrand, auch dem der Szene hinaus. Denn nur wenn wir alle respektvoll miteinander umgehen, können wir uns entfalten.
Das bedeutet auch, dass wir aufeinander achten, die Natur schätzen, unseren Müll dort entsorgen, wo er hingehört, keine Fahrräder anderer klauen oder auch nur Einzelteile davon, wir nicht schupsen oder drängeln, nur weil der Einlassstop aufgehoben wurde. Überhaupt müssen wir auch den Leuten, die einem den Abend erst ermöglichen (Bar-Personal, Seku, Veranstalter_innen und DJs) respektvoll begegnen. Manchmal bedeutet dies auch, dass man selbst für einen kleinen Moment zurückstecken muss. Unsere Blicke müssen wandern. Von dem was wir wollen, hin zu dem was unser_e Gegenüber möchte. Wir müssen erkennen, dass es Freiraum und Vielfalt nur geben kann, wenn wir Solidarität praktizieren!
Lasst uns respektvoll und geduldig miteinander umgehen. Wir wollen noch lange gemeinsam mit euch feiern, also passt auf euch auf: betrunken Fahrrad fahren scheint in einem Moment witzig, ist aber lebensgefährlich; Drogen können Laune machen. Sie sind aber nicht wie Ticktacks gegen Mundgeruch; Musik macht am meisten Spaß, wenn sie laut ist. Aber die Bass-Box anzubeten ist auf Dauer vielleicht nicht ideal fürs Gehör.
Manche_r mag denken: oh man ist die GSO jetzt zu einer Anstandsdame geworden?! Sicher nicht! Es geht darum, dass sich bei jeder_m von uns Marotten einschleichen. Wenn wir alle aufeinander und uns selbst ein wenig mehr achten, haben wir länger und intensiver etwas von der wahnsinnig lebendigen Szene. Seine eigenen Grenzen zu testen ist menschlich. Diese unkontrolliert, maßlos und durch Wissenslücken hervorgerufen zu überschreiten, ist bescheuert. Das Schlagwort „Safer Clubbing“ sollte dabei jeder_m ein Begriff sein.
Laut ist aber hier auch ein Synonym dafür, dass wir nicht schweigen dürfen. Euch passt etwas nicht, sprecht es an. Ihr seht etwas Ungerechtes, geht dazwischen oder informiert jemanden darüber. Wem ihr euch auch immer anvertraut, schluckt nichts runter. Das bezieht sich auf alles: Drogen, sexuelle Übergriffe, Diebstahl, Mobbing oder Diskriminierung.
In einer Zeit, wo rechtes Gedankengut wieder alltagstauglich zu werden scheint, sollten wir auf keinen Fall leise daneben stehen. Bewaffnet euch mit Argumenten, setzt euch mit eurer Umwelt auseinander und findet für euch einen Weg durch das Gestrüpp des Lebens.
Vielfältig, bunt und laut… Zusammen laufen wir für eine vielfältige Gesellschaft am 23.07.2016 durch die Leipziger Straßen. Wir freuen uns, dies mit euch zusammen zu erleben.
Wir wünschen uns, dass ihr die freigewordene Energie mitnehmt, sie nutzt und multipliziert in die Welt hinaus tragt. Jeder von uns ist einzigartig. Gemeinsam können wir herausragend sein, Mauern einreißen und neue Wege bestreiten.