Selbstbetrachtung

Die Kultur, für die wir uns mit der Global Space Odyssey stark machen, hat viel mit Freiheit zu tun. Es geht um die Freiheit, sich ausdrücken zu können, sich mit Gleichgesinnten zu treffen und auszutauschen, ausgelassen zu feiern, das Leben zu genießen, ihm gleichzeitig aber auch mehr Sinn zu geben. Viele versuchen sich mit ihren Aktivitäten ein Stück weit selbst zu verwirklichen.

Eine Kultur-Szene besteht immer aus vielen Individuen, jedes hat einen eigenen Charakter, verschiedene Stärken und Schwächen; Pauschalisierungen sind daher in der Regel gehaltlos. Es ist bekannt, dass die Freiheit des Einen schnell zur Unfreiheit des Anderen werden kann. Es gilt ein Maß zu finden, seine Freiheit so auszuleben, dass sie andere nicht negativ beeinträchtigt. Leider ist es jedoch eine Tatsache, dass einzelne Mitglieder dieser, unserer Szene Verhaltensweisen an den Tag legen, die Vielem, was wir uns auf die Fahnen schreiben, widersprechen. Dies hat viel mit fehlendem Respekt zu tun: fehlendem Respekt gegenüber der Natur und unbeteiligten Dritten, gegenüber den Gästen, den Veranstaltern, den DJs und Musikern, gegenüber der Arbeit und Mühe, die Viele investieren, damit überhaupt die Basis für Veranstaltungen geschaffen werden kann. Wir müssen lernen, dass wir nicht alles bekommen können, was wir wollen. Wir müssen mehr Gespür an den Tag legen, wie weit wir mit unserer Freiheit gehen können. Spaß ist das eine, Verantwortung zu tragen und ein umsichtiges Verhalten an den Tag zu legen, das andere. Es ist nicht unmöglich, beides in Einklang zu bringen, wichtig ist nur, dass man ein Bewusstsein und eine Sensibilität dafür entwickelt.

Wir fordern seit Jahren (mit Recht) mehr Verständnis, Akzeptanz und Unterstützung für unsere Kultur bei Entscheidungsträgern der Stadt sowie in der Bevölkerung. Es ist einfach, Forderungen an Politik und Ordnungsamt zu stellen. Schwieriger ist es, konkrete und realistische Lösungsansätze zu entwickeln, konstruktiv zu sein, auch sein Gegenüber zu verstehen und Dinge aktiv mitzugestalten, um letztlich Veränderungen herbeizuführen, die für alle zufriedenstellend sind. Diese Entwicklungsprozesse sind sehr zeitintensiv und nervenaufreibend – trotzdem ist es nicht unmöglich, damit etwas zum Positiven zu verändern.

Es ist wichtig, auf gleicher Ebene miteinander zu reden, um auch auf gleicher Ebene zu leben. Das bedeutet unter anderem auch, dass man sich bei genehmigungspflichtigen Veranstaltungen mit den zuständigen Behörden über Vereinbarungen verständigt, die für beide Seiten angemessen sind. Gesetze und Auflagen sind nicht immer sinnvoll, aber auch nicht immer sinnlos. Es gilt dabei, seinen Verstand einzusetzen, um das beste Ergebnis für alle zu erzielen, ohne dabei Dritte in Mitleidenschaft zu ziehen. Kontraproduktiv ist es allerdings, bewusst Auflagen zu ignorieren, egal ob von Seiten der Veranstalter oder der Gäste. Dies führt zu negativen Konsequenzen für andere Veranstalter und vergiftet das Verhältnis zwischen Stadt und Kultur-Szene.

Wenn nicht genehmigte Veranstaltungen durchgeführt werden, sollte es umso wichtiger sein, dass alle Beteiligten umsichtig handeln, um eben nicht die Natur oder Dritte in Mitleidenschaft zu ziehen und auch, um anderen, die alternative Wege der Entfaltung bevorzugen, nicht die Möglichkeiten zu nehmen, diese Wege gehen zu können. Nur so ist es für alle möglich, auf verschiedenen Ebenen nachhaltig für die Kultur-Szene zu arbeiten und sich dafür zu engagieren. Nur so ist es auch möglich, die gewünschte Akzeptanz und Wertschätzung zu erlangen, die uns am Herzen liegt.
Bevor wir Forderungen äußern oder uns ungerecht behandelt fühlen, müssen wir erst den Maßstäben, die wir an andere stellen, selbst in unserem eigenen Umgang mit Umwelt, Institutionen und anderen Menschen gerecht werden. Nur so werden wir uns den nötigen Respekt erarbeiten und auf lange Sicht Rahmenbedingungen schaffen, die für alle akzeptabel sind.

Neverending story: Freiflächen für selbstorganisierte Kulturveranstaltungen im Freien

Das Engagement für die Legalisierung von nicht-kommerziellen Kulturveranstaltungen im Freien zieht sich wie ein roter Faden durch die jüngere Geschichte der Global Space Odyssey. Den wachsenden Unmut über die hohen bürokratischen Hürden bei der Anmeldung und Organisation bis hin zur Verunmöglichung von legalen Veranstaltungen dieser Art und die restriktive Unterbindung von nicht angemeldeten Events nahm die GSO vor mehr als zwei Jahren zum Anlass, um sich intensiver mit der Problematik zu befassen.

Es entstand ein Konzept, das den zuständigen Ämtern der Stadt Leipzig als konstruktiver Vorschlag zur Problemlösung vorgelegt wurde. Das von der GSO erdachte Modell sieht vor, dass die Stadt Leipzig im Zeitraum April bis September mindestens drei Flächen zur Verfügung stellt. Die Verwaltung und Nutzungsvergabe soll durch einen gemeinnützigen Verein erfolgen. Der Effekt eines solchen Modells liegt auf der Hand: Die Kriminalisierung selbst organisierter Kulturarbeit würde beendet, eine gängige Praxis aus der Grauzone der Legalität geholt und als kultureller Beitrag gewürdigt werden. Nicht zuletzt würden Kulturschaffende und VeranstalterInnen damit selbst Verantwortung für ihr Tun übernehmen.

So plausibel dies auch klingen mag: Der städtischerseits anfangs positiv aufgenommene Vorschlag lief ins Leere, da angeblich keine geeignete Flächen zur Verfügung stünden. Mehrere von der GSO und auch vom Ordnungsamt selbst vorgeschlagene Flächen wurden vor allem mit dem Verweis auf Naturschutzbelange und die Nähe zu Wohnbebauungen abgelehnt. Nach diesem Dämpfer nahm die GSO Ende 2011 einen neuen Anlauf: Gemeinsam mit dem Verein Ökolöwe wurden neue Flächen sondiert und auf die ökologische Verträglichkeit einer Nutzung für Kulturveranstaltungen geprüft. Acht Flächen im gesamten Stadtgebiet, ausreichend weit entfernt von Wohnbebauungen und hinsichtlich Naturschutzbelangen unbedenklich, befinden sich nun auf dem Tisch der Veranstaltungsstelle des Ordnungsamtes zur Prüfung.
Doch die Hoffnung hält sich in Grenzen.

Währenddessen macht die Stadt Zürich durch ein neues, mutiges Modell im Umgang mit Freiluft-Partys von sich reden. Nachdem es bei verschiedenen Veranstaltungen dieser Art Ärger gab, schlug die Züricher Stadtverwaltung im April dieses Jahres einen neuen Weg ein. Junge Leute können demnach ihre Party mindestens acht Tage im Voraus telefonisch bei der Stadt anmelden. Die gewählte Fläche muss geeignet sein und so hinterlassen werden, wie sie vorgefunden wurde. Außerdem muss eine verantwortliche Person benannt werden. Ob das Modell praktikabel ist, wird diesem Sommer getestet. Auch wenn es noch eine Reihe offener Fragen und auch Kritikpunkte hinsichtlicher der Auflagen gibt, muss der Schritt als grundsätzlich richtig bewertet werden. Freiluft-Kultur-Veranstaltungen werden damit nämlich als Teil des gesellschaftlichen Lebens akzeptiert.

Nicht so in Leipzig. Hier wird eine Lösung zu lange schon ausgesessen. Fraglich ist auch, ob das Modell eines selbst organisierten Vereins überhaupt auf Zustimmung von VeranstalterInnen, Kulturschaffenden und KonsumentInnen – also von Euch – stoßen würde. Schließlich könnte das Modell der Selbstverwaltung nur leben, wenn sich Leute kontinuierlich beteiligen und selbst definierte Regeln (Müll, Lautstärke, Naturschutz etc.) befolgt werden.
Und so werden wir das Freiflächen-Thema auch in diesem Jahr wieder auf die Agenda der Global Space Odyssey als kulturpolitischer Demonstration setzen und auf Resonanz der Stadtverwaltung und von Euch hoffen.

Das begrenzte Verständnis der freien Kultur

Es liegt in der Natur des Menschen sich zu verwirklichen, an sich zu wachsen, seiner Kreativität Freiraum zu geben, andere zu inspirieren und die Welt zu bereichern.        Genau das, haben wir im Sinn, unsere Kultur zu leben, ihr eine Form zu geben, mit ihr zu wachsen und andere daran Teil haben zu lassen. Wir alle haben uns frei entschieden, in irgendeiner kulturellen Gemeinschaft zu leben, egal wer wir sind, aus welchem sozialen Umfeld wir kommen, welche gesellschaftliche Stellung wir einnehmen oder welche Geschichte uns begleitet.

Die Fähigkeit der Entwicklung unserer menschlichen Kultur gibt uns die Möglichkeit, gemeinsam Aufmerksamkeit auf etwas zu lenken, es miteinander zu erleben und zu teilen. Dieser Erfahrungsprozess bedingt, dass wir voneinander lernen, damit wir miteinander wachsen, um die Stadt in der wir leben zu bereichern. Jede kulturelle Strömung hat ihren Anfang im Kleinen, sie wächst mit den Erfahrungen und ihren Idealen. Durch die Möglichkeiten, die uns heute zur Verfügung stehen, entstehen diese Strömungen deutlich schneller, sie entwickeln sich rasanter aber oftmals wird der Wert, den sie haben verkannt und sie können sich nicht entwickeln. Wenn sich Menschen in irgendeiner Form engagieren, Werte schaffen oder erhalten, die die Welt bereichern, dann sollten sie auch Akzeptanz und Unterstützung erfahren. Da unser konsumorientiertes Verhalten und der gedankenlose Umgang mit Werten in der Gesellschaft, die Realität oftmals stark verzerrt, verschließen wir uns dem Unbekannten aus Unwissenheit und ideologischen Begrenzungen. Wir leben in den Erinnerungen unserer Vergangenheit oder in den Wunschgedanken einer ungeschriebenen Zukunft. Wir richten unsere Aufmerksamkeit ausschließlich auf den persönlichen Vorteil, auf das „Mein“ oder „Ich“, auf Rendite und Profimaximierung. Neben diesen Aspekten wird durch politische Einflussnahme und wirtschaftlich unterstützte Begünstigungen einen Beigeschmack geschaffen, der eine freie Kultur im Kontext der „Leipziger Freiheit“ unwirklich erscheinen lässt. Getreu dem Motto „Sich mit fremden Federn zu schmücken“, wird sich hochgelobt und dabei wird vergessen, wer wirklich etwas leistet oder wer nur im Strom mitschwimmt oder sich mit dem „Lametta“ schmückt, was dadurch entsteht. Wer die Tatsachen ehrlich betrachtet wird sehen, was wir leisten, welches Potential wir schon geschaffen haben und wie die Stadt davon profitiert. Wer alles nur im Außen betrachtet, der vergisst sich im Innen weiter zu entwickeln.
Durch dieses Denken und Handeln wird die Realität verzerrt und das Wachstum von kulturellen Strömungen in Leipzig beschränkt. Auf diese Weise werden unsere Qualitäten und die Einzigartigkeit der Kultur in Leipzig verschenkt. Wir Kulturtreibende, Aktivisten, Unterstützer, Freigeister und Begleiter wollen Kultur nicht nur machen, sondern sie auch leben, denn für uns ist Kultur ein Ausdruck von Lebensqualität, von Schaffenskraft die Inspiration für andere ist, die dem Streben nach Verwirklichung ein Gesicht gibt und die Begeisterung für eigenes Engagement ist. Wir werden unsere Ideen und Ideale nicht aufgeben oder länger der Trägheit des Systems erliegen. Wir wollen unser Leipzig mitgestalten, es lebendiger und attraktiver machen.

Wer die Essenz seiner Kultur erkannt hat, der wird wissen, dass in Allem diese Einzigartigkeit lebt. Wer das erkannt hat, wird aufhören, seine Ideale, seine Muster, seine Ängste und Vorurteile auf alles zu übertragen, was ihm fremd ist. Wer erkannt hat, wird empfinden, der wird begeistern, der wird die Lebendigkeit des Moments wieder erfahren. Wer erkannt hat, der wird sich dem Öffnen, was er nicht kennt, der wird lernen und erfahren, dass Alles Einzigartig ist. Wer erkannt hat, der wird die Möglichkeiten schaffen, dass Visionen und Ideen umsetzbar werden. Der wird den Wert einer jeden Sache wieder schätzen. Dafür demonstrieren wir am 21.7.2012 zur Global Space Odyssey 2012.

Wacht auf!

Selbstbetrachtung

Die Kultur, für die wir uns mit der Global Space Odyssey stark machen, hat viel mit Freiheit zu tun. Es geht um die Freiheit, sich ausdrücken zu können, sich mit Gleichgesinnten zu treffen und auszutauschen, ausgelassen zu feiern, das Leben zu genießen, ihm gleichzeitig aber auch mehr Sinn zu geben. Viele versuchen sich mit ihren Aktivitäten ein Stück weit selbst zu verwirklichen.

Eine Kultur-Szene besteht immer aus vielen Individuen, jedes hat einen eigenen Charakter, verschiedene Stärken und Schwächen; Pauschalisierungen sind daher in der Regel gehaltlos. Es ist bekannt, dass die Freiheit des Einen schnell zur Unfreiheit des Anderen werden kann. Es gilt ein Maß zu finden, seine Freiheit so auszuleben, dass sie andere nicht negativ beeinträchtigt. Leider ist es jedoch eine Tatsache, dass einzelne Mitglieder dieser, unserer Szene Verhaltensweisen an den Tag legen, die Vielem, was wir uns auf die Fahnen schreiben, widersprechen. Dies hat viel mit fehlendem Respekt zu tun: fehlendem Respekt gegenüber der Natur und unbeteiligten Dritten, gegenüber den Gästen, den Veranstaltern, den DJs und Musikern, gegenüber der Arbeit und Mühe, die Viele investieren, damit überhaupt die Basis für Veranstaltungen geschaffen werden kann. Wir müssen lernen, dass wir nicht alles bekommen können, was wir wollen. Wir müssen mehr Gespür an den Tag legen, wie weit wir mit unserer Freiheit gehen können. Spaß ist das eine, Verantwortung zu tragen und ein umsichtiges Verhalten an den Tag zu legen, das andere. Es ist nicht unmöglich, beides in Einklang zu bringen, wichtig ist nur, dass man ein Bewusstsein und eine Sensibilität dafür entwickelt.

Wir fordern seit Jahren (mit Recht) mehr Verständnis, Akzeptanz und Unterstützung für unsere Kultur bei Entscheidungsträgern der Stadt sowie in der Bevölkerung. Es ist einfach, Forderungen an Politik und Ordnungsamt zu stellen. Schwieriger ist es, konkrete und realistische Lösungsansätze zu entwickeln, konstruktiv zu sein, auch sein Gegenüber zu verstehen und Dinge aktiv mitzugestalten, um letztlich Veränderungen herbeizuführen, die für alle zufriedenstellend sind. Diese Entwicklungsprozesse sind sehr zeitintensiv und nervenaufreibend – trotzdem ist es nicht unmöglich, damit etwas zum Positiven zu verändern.

Es ist wichtig, auf gleicher Ebene miteinander zu reden, um auch auf gleicher Ebene zu leben. Das bedeutet unter anderem auch, dass man sich bei genehmigungspflichtigen Veranstaltungen mit den zuständigen Behörden über Vereinbarungen verständigt, die für beide Seiten angemessen sind. Gesetze und Auflagen sind nicht immer sinnvoll, aber auch nicht immer sinnlos. Es gilt dabei, seinen Verstand einzusetzen, um das beste Ergebnis für alle zu erzielen, ohne dabei Dritte in Mitleidenschaft zu ziehen. Kontraproduktiv ist es allerdings, bewusst Auflagen zu ignorieren, egal ob von Seiten der Veranstalter oder der Gäste. Dies führt zu negativen Konsequenzen für andere Veranstalter und vergiftet das Verhältnis zwischen Stadt und Kultur-Szene.

Wenn nicht genehmigte Veranstaltungen durchgeführt werden, sollte es umso wichtiger sein, dass alle Beteiligten umsichtig handeln, um eben nicht die Natur oder Dritte in Mitleidenschaft zu ziehen und auch, um anderen, die alternative Wege der Entfaltung bevorzugen, nicht die Möglichkeiten zu nehmen, diese Wege gehen zu können. Nur so ist es für alle möglich, auf verschiedenen Ebenen nachhaltig für die Kultur-Szene zu arbeiten und sich dafür zu engagieren. Nur so ist es auch möglich, die gewünschte Akzeptanz und Wertschätzung zu erlangen, die uns am Herzen liegt.
Bevor wir Forderungen äußern oder uns ungerecht behandelt fühlen, müssen wir erst den Maßstäben, die wir an andere stellen, selbst in unserem eigenen Umgang mit Umwelt, Institutionen und anderen Menschen gerecht werden. Nur so werden wir uns den nötigen Respekt erarbeiten und auf lange Sicht Rahmenbedingungen schaffen, die für alle akzeptabel sind.

Wer, Wie, Was ist Kultur? Gedanken zum Weiterdenken

Augenblicklich beschäftigt Leipzig eine Debatte, die nicht nur auf kultureller Ebene relevant ist, sondern mittlerweile als politisches Statement des Stadtrats verstanden werden kann. Die „freie Szene“ kämpft darum, endlich fünf Prozent des städtischen Kulturetats zu erhalten. Darin spiegelt sich zudem eine nicht enden wollende Diskussion um die Einteilung von Kultur in Hoch- und Subkultur wider. Warum wird hier aber überhaupt so kategorisch unterschieden? Was macht die Hochkultur so höherwertig und warum steht Subkultur schon dem Namen nach „unter“ dieser? (Dass auch in der sogenannten Subkultur diese Abgrenzung selbst forciert wird, um u.a. damit kulturpolitisch zu argumentieren, sei am Rande ebenfalls erwähnt.) Damit scheint offenbar bis heute eine Wertung verbunden zu sein, die u. a. in finanziellen Subventionen für bestimmte Arten institutionalisierter oder freier Kultur zum Ausdruck kommt. Auch in Leipzig muss die Frage gestellt werden, warum das „Kino von gestern“ (Oper) im Vergleich zu einer Szene, die der Stadt national und international ein deutliches Gesicht verleiht, mit der zehnfachen Menge an Geld finanziert wird

Doch was bringt uns diese lang tradierte Unterscheidung zwischen Hoch- oder Subkultur eigentlich? Wir wollen uns nicht länger von politisch besetzten Begriffen diktieren lassen, was wir unter (wertvoller) Kultur verstehen wollen. Aus diesem Grund plädieren wir für eine Auflösung dieser oppositionellen Begriffe.

Im Grunde genommen ist Kultur alles vom Menschen Geschaffene. Welcher Mittel er sich bedient und was er ausdrücken kann und will, hat mehr mit den Ansprüchen und dem Selbstverständnis jedes Einzelnen zu tun, als damit, was gesellschaftlich akzeptiert ist. Kultur lebt von Veränderung und Innovation genauso wie von Tradition und Bewahrung. Kultur ist Kultur, egal woher sie kommt.

Streitbar muss sie dennoch bleiben. Wir fragen uns daher, ob es nicht Zeit für neue Denkansätze ist, wenn es um Kultur und Kulturpolitik geht. Die deutsche Kulturlandschaft ist geprägt von einem ausgedehnten Beamtenwesen und einer fortschreitenden Institutionalisierung, die einhergehen mit einem Selbsterhaltungswillen, der seinesgleichen sucht. Es soll in den Raum gestellt werden, ob diese Strukturen des Umgangs und der Förderung von Kultur die richtigen sind für eine sich immer schneller wandelnde Gesellschaft, für etwas, das Freiraum zur Entfaltung braucht. Häufig wird Kultur in eine Art staatliche Zwangsjacke gesteckt, die je nach Befindlichkeit und aktuell politischer Situation, aber eben oft nicht von den Kulturschaffenden selbst definiert wird. Ein so heterogenes Feld einzugrenzen scheint schier unmöglich und lässt viel Raum für Interpretation und somit auch Willkürlichkeiten offen.

Wir wünschen uns eindeutige Strukturen, die Kultur ermöglichen und nicht verhindern. Diese sollen wandelbar sowie verhandelbar bleiben und eine Zusammenarbeit aller Kulturschaffenden auf gleicher Augenhöhe zur Voraussetzung haben. Es muss für die unterschiedlichen Formen von Kultur eine Lobby geben, die ein Verständnis und eine Interessenvertretung erlaubt. Im gleichen Atemzug sollte man sich in Leipzig die Frage stellen, wie Strukturen geschaffen sein sollten, um auch Impulse anderer Kulturen gleichberechtigt einzubeziehen und so offen für neue Entwicklungen zu bleiben. Es ist uns wichtig zu überlegen, wie der Zugang zu Kultur für potentiell jeden und jede gewährleistet werden kann. Wer ist überhaupt dafür verantwortlich, Kultur zu ermöglichen? Ist hier der Staat in der Pflicht oder die Wirtschaft oder gar Privatpersonen, die ihr Vermögen zu diesem Zweck einsetzen sollten? Oder müssten wir uns eigentlich häufiger selbst fragen: Wie viel sind wir bereit für ein Buch, ein Kunstwerk oder den Eintritt zu einem Club zu zahlen?

Und somit setzt Kultur für uns zuerst beim Einzelnen an. Auch wenn dieser Text mehr Fragen aufwirft als Antworten zu formulieren vermag, sind wir davon überzeugt: Mit Kultur schafft der Mensch sich seine Welt. Daher sei dieser Text vor allem ein Plädoyer für kulturelle Vielfalt ohne Zwang zur Wertung, Abgrenzung oder Rechtfertigung verbunden mit dem Wunsch nach Offenheit, Interesse und Akzeptanz gegenüber allen Formen von Kultur.