Als sich 2012 das Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“ gegründet hat, war unser Ziel, dass städtisches Eigentum nicht weiter privatisiert wird und die Stadtverwaltung der Mietenentwicklung durch eine aktive Wohnungs- und Bodenpolitik entgegengewirkt.
Während das Wohnen immer teurer wurde, wiederholte die Verwaltung, dass die Mieter*innen sich an steigende Mieten gewöhnen müssten. Gentrifizierung wäre in einer wachsenden Stadt ganz normal. Die Freude über private Investor*innen war wichtiger als die Chance auf eine soziale Bodenpolitik.
Heute beklagt sich die Stadt, dass große Bauflächen an private Unternehmen wie die Leipziger Stadtbau AG, GRK oder die CG-Gruppe verkauft wurden. Diese machen jetzt das gleiche wie überall: entwickeln, weiterverkaufen und dickes Geld verdienen.
Dass Leipzig ein Wohnungsproblem hat, ist mittlerweile in der Presse wie in der Breite der Stadtgesellschaft angekommen. Uns allen wird aber der Mythos vorgesetzt, der Neubau von Wohnungen sei das Allheilmittel, um den Wohnungsmarkt zu entlasten.
Seit über sieben Jahren versucht „Leipzig – Stadt für alle“ mit solchen Mythen aufzuräumen.
Es stimmt einfach nicht, dass nur gebaut werden muss, um die Nachfrage zu entlasten.
Neubau solle durch Umzüge Wohnungen im preiswerten Segment frei machen. Die frei werden Wohnungen werden aber teurer vermietet. Und auch gut verdienende Mieter*innen wollen günstig wohnen und konkurrieren um die wenigen preiswerten Wohnungen. Teurer Neubau löst nicht das Problem, sondern führt sogar dazu, dass per Mietspiegel auch in der Umgebung die Miete steigt.
Politik und Verwaltung können sehr wohl Einfluss auf private Investitionsprojekte nehmen.
Bebauungspläne können in den neuen Quartieren preiswerte Wohnungen festlegen. Soziale Erhaltungssatzungen können die bestehenden Mieten schützen. Unter anderem mit Aufstellungsbeschlüssen bietet das Baurecht weitere Möglichkeiten, genau auf die Situation in Leipzig zu reagieren.
Trotz der verpassten Chancen, Gebiete selbst zu erwerben, kann die Stadt regulierend einwirken.
Wenn das Geld für utopische Wohnungspolitik fehlt, ist das ein Grund mehr, das Problem in den Griff zu bekommen, denn wenn die Miete steigt, steigen auch die öffentlichen Zuschüsse für Haushalte mit wenig Geld.
Wie es anders geht?
In Leipzig gründen sich Genossenschaften und zeigen, wie ohne Renditeerwartung saniert und neu gebaut wird. Im Bund liegen Konzepte für eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit und die Stärkung öffentlichen Wohneigentums längst auf dem Tisch. Es geht nicht um vorgestanzte Beteiligungsverfahren, sondern um eine selbstbestimmte Bewegung für eine Stadt für alle. Die Mieter*innen selbst sind es, die Alternativen entwickeln. Es geht darum, sich Orte wieder anzueignen, die das Leben in der wachsenden Stadt lebenswert machen. Mieten und Wohnen sind zentrale Aspekte der politischen Aushandlung um eine Stadt für alle.